2006-01-27






Die Spielwiese: Starke Wurzeln, bunter Funk

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Vor nicht allzu langer Zeit war es einmal ziemlich trendy, alles analoge und handgemachte zu digitalisieren. Dabei kümmerte man sich nicht um alte Werte und versuchte dabei auch, Dinge elektronisch zu reproduzieren, die wohl in der ursprünglichen Art wesentlich leichter zu handhaben gewesen wären - Hauptsache man war im neuen Zeitalter angekommen. Die Drum'n'Bass-Combo Die Spielwiese gehen da den umgekehrten Weg und siehe da...

Text: Tend

Nebenher haben sich gerade auch in der Musik freie Stilrichtungen entwickelt, die ohne die digitale Technik gar nicht entstanden und nach wie vor gar nicht vorstellbar wären. Umso interessanter sind dabei Experimente, die sich damit befassen, diese elektronischen Spielwiesen wiederum in urtümlicher Weise wiederzugeben, vor allem wenn es auch noch gut klingt. So wären wir schon bei einer Band aus Wiesbaden/Mainz angekommen, welche für sich eine bisher rein elektronische Musik namens Drum&Bass entdeckt hat - handgemacht, aber trotzdem offen für den elektronischen Crossover.

Alles wird grün...

"Die Spielwiese" heißt nicht nur so, sondern ist auch eine. Sie wird von erfahrenen Musikern gebildet, die sich dem gewählten Genre ohne Vorurteile oder eingefahrene Hörgewohnheiten angenommen haben. Aber vielleicht gelingt auch gerade deswegen dieses Experiment, da alt eingesessene Trommelbass-Liebhaber wahrscheinlich gar nicht erst auf die Idee gekommen wären.

Der einstige lose Haufen aus Claus und Timo an Keyboards, Synthesizern und Gitarre, die zusammen mit Schlagzeuger Daniel zu den Platten von Dreher Oliver jammten, ist mittlerweile ein Selbstläufer geworden, der das Zeug hat, einmal wirklich groß raus zu kommen. Der mit einer Reggaeband geteilte Proberaum ist geblieben, dafür sind die ausgebildete JazzSängerin Silvia, Hans mit seinem Kontrabass, sowie Visualist Julian hinzugekommen. "Die meisten von uns hatten bereits vorher Banderfahrung. Gerade die unterschiedliche Herkunft führt dazu, daß man sich gegenseitig bereichert, regelrecht befruchtet. Mit akustischen Instrumenten spürt man eine ganz andere Energie. Wir hatten einfach keinen Bock mehr auf althergebrachte Musik. Wir wollten wieder eine Herausforderung, etwas Abgefahrenes!"

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Die Roots sind irgendwo zwischen Rock, Jazz, Reggae und eben Drum&Bass zu suchen. Gemeinsam ist den Bandmitgliedern einzig der professionelle und offene Umgang mit neuen Klängen und ungewöhnlichen Spieltechniken. "Wir machen uns keinen Streß. Es ergibt sich eins aus dem anderen. Diese Homogenität macht auch einen großen Teil unseres Erfolges aus." Und von Erfolg können die Jungs und das Mädchen wirklich reden, bedenkt man, daß sie erst seit 1 1/2 Jahren live auftreten und bereits hinter viele Ziele einen Haken machen können, von denen andere Bands noch träumen, sei es beispielsweise ein Auftritt auf Festivals wie SonneMondSterne oder Portraits im öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

...Du musst es nur gießen!

Timo ist für Booking, Management und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Der Dipl. Pädagoge arbeitet als Tontechniker am Staatstheater Wiesbaden, macht Seminare und Workshops für FSJler und übernimmt zusätzlich Mastering, Soundprogrammierung und die Gitarre für die Band. Keyboarder Claus macht den CD-Shop, verwaltet die Finanzen, studiert Musik-Wissenschaft und arbeitet ebenfalls in der Tonabteilung des Wiesbadener Theaters. Oliver kratzt als Medienpädagoge weiterhin die Platten und Daniel spielt Schlagzeug und ist zusammen mit Julian für die Visuals und die Homepage samt Grafik zuständig, was zu seinem Studium der Mediengestaltung passt. Hans ist als Kontrabassist seit einem Jahr bei der Gruppe und die Gesang unterrichtende Silvia setzt dem Ganzen noch das gewisse sahnige Etwas auf.

"Jeder weiß ohne Murren genau, was er zu tun hat." Jeder trägt seinen Teil zum Bandleben und den Songs bei, während allerdings das hauptsächliche Songwriting von Claus und Timo kommt. "Es ist wie ein Virus. Ein Teil von uns hat früher Drum&Bass gar nicht gemocht." Und dies trifft auch auf das Publikum zu, das sich dieser Spielart teilweise erst so geöffnet hat. "Wir hatten die Idee, unsere Musik analog zu einem DJ-Set gemixt, also ohne Pausen zwischen den Liedern, zu spielen - viel Arbeit! Vor allem für den Schlagzeuger ist es nicht einfach, so lang am Stück in der ungewöhnlichen Geschwindigkeit zu spielen." So wirken die Drumcomputer zuweilen doch unterstützend: "Wir müssen wieder härter werden!"

Man nutzt die Freiheit des Internets, um den CD-Verkauf selbst in die Hand zu nehmen. "Es ist alles Original, wie es sich die Band gedacht hat. Keiner redet rein. Natürlich ersetzt dies kein Label. Aber die erste Pressung ist weg und als Promotion war es sehr gut." Also Zeit für ein Update, welches in Form einer komplett in fremde Hände gegebenen Remix-CD durchstartet, auf der neben House, Elektro und Downbeat auch Drum&Bass der elektrischen Art zu hören sein wird. Damit schließt sich der Kreis.

Links: www.die-spielwiese.org

Text zu lesen: Oder auf Brot / www.phlow.net / www.partysan.net / Sceen Magazin